Hypochondrie
Die Angst vor der Krankheit
Der 31-jährige Herr Kramer hatte schon so ziemlich alle Krankheiten, die man sich denken kann - so zumindest sein Empfinden.
Sobald es in der Herzgegend sticht, befürchtet er einen Herzinfarkt. Kopfschmerzen werden sofort mit einem Hirnschlag assoziiert und dem lästigen Erkältungshusten liegt sicher ein Tumor in der Lunge zu Grunde. Jeden noch so kleinen, in seinen Augen auffälligen, Leberfleck lässt Herr Kramer sofort von seinem Hautarzt checken. Dort ist er Stammkunde, genauso wie bei seinem Hausarzt und bei seinem Internisten. Die ständige Sorge um seine Gesundheit raubt ihm jegliche Lebensfreude und die Gedanken an einen frühen Tod führen ihn abwechselnd in die Panik und in die Depression.
Von Arzt zu Arzt - die Reise des Hypochonder
Hypochonder werden auch als "eingebildete Kranke" bezeichnet. Obwohl sie sich in sehr kurzen Abständen immer wieder von den verschiedensten Fachärzten untersuchen lassen, finden sie doch keine Ruhe und befürchten bei kleinsten körperlichen Veränderungen sofort eine schlimme Krankheit.
Bluttests, EEG, EKG, Hautcheck - alles schön und gut. Aber was ist, wenn der Arzt vielleicht doch etwas übersehen hat? Wenn er den Ausdruck des EKG falsch gedeutet hat oder wenn vergessen wurde, einen sehr wichtigen Blutwert zu testen? Also schnell noch einmal zur Sicherheit einen weiteren Arzt konsultiert. Doch auch diese Untersuchung wird einen Hypochonder höchstens für ein paar Tage beruhigen. Dann geht die ganze Geschichte wieder von vorn los...
Eigene Interpretation von Gesundheit
Die Weigerung, ärztlichen Untersuchungsergebnissen zu glauben, steckt in jeden Hypochonder. Obwohl ihr Weg sie von Arzt zu Arzt führt, erhalten sie doch nie die Sicherheit, die sie brauchen. Ja, mit ihrem ständigen Kontrollverhalten rutschen sie immer weiter in den Teufelskreis der Angst hinein und machen damit sich selbst und ihre Angehörigen verrückt. Hypochonder haben ihren ganz eigenen Begriff von Gesundheit. Nur dann, wenn sie keinerlei Symptome spüren, fühlen sie sich gesund. Das kleinste Zipperlein jedoch lässt sie aufhorchen und panisch werden: "Hilfe! Jetzt ist es soweit! Ich habe...(diese und jene Krankheit)". Zudem interpretieren sie körperliche Symptome, wie sie bei jedem Menschen vorkommen können, sofort als ernste Erkrankung. Oft sind es jedoch einfach nur ihre angstvollen Gedanken, welche diese Symptome hervorrufen. Oder es handelt sich bei ihnen um ganz normale Reaktionen auf eine bestimmte Situation (zum Beispiel Kopfschmerzen auf Grund von schwüler Witterung oder Muskelschmerzen nach einer ungewohnten Tätigkeit).
Wege aus der hypochondrischen Störung
Hypochonder gehören zu den am besten untersuchten Menschen überhaupt. Im Grunde ist ihnen schon klar, dass das ständige Arzt-Shopping nicht notwendig ist. Ihr Gefühl jedoch gaukelt ihnen etwas anderes vor. Folgende Punkte können Ihnen helfen, den Weg aus der hypochondrischen Störung zu finden. Wie bei allen psychischen Erkrankungen auch kann manchmal eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein.
- Nehmen Sie die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen wahr (z.B. einmal im Jahr zur Krebsvorsorge)
- Unterstehen Sie der Versuchung, bei auftretenden körperlichen Beschwerden sofort einen Arzt aufzusuchen. Gehen Sie stattdessen nach einem vereinbarten Zeitplan zum Arzt.
- Verinnerlichen Sie sich die Befunde und Untersuchungsergebnisse nach einem Arzttermin. Lernen Sie, Ihrem Arzt zu glauben und zu vertrauen!
- Das Leben ist nie ohne ein gewisses Risiko. Kein Arzt dieser Welt kann verhindern, dass sie vielleicht irgendwann einmal schwer erkranken. Leben Sie im Hier und Jetzt und genießen Sie den Augenblick!
- Machen Sie sich Gedanken um den Sinn Ihres Lebens. Wo stehen Sie? Was wollen Sie noch alles erreichen? Was müssen Sie ändern, um das Leben zu führen, was sie sich wünschen? In diesem Zusammenhang kann es auch hilfreich sein, sich mit dem Tod zu beschäftigen. Er gehört genau wie die Geburt zum Leben dazu.
Hypochondrische Störungen sind recht verbreitet. Jeder 10. Bundesbürger erlebt irgendwann Perioden, in denen die Hypochondrie sein Leben bestimmt. Die Bereitschaft, gemeinsam mit den behandelnden Fachärzten und eventuell einem Psychotherapeuten zusammenzuarbeiten und Ehrlichkeit gegenüber sich selbst - das sind die besten Voraussetzungen, um die hypochondrische Störung in den Griff zu bekommen.
Text: K. L. / Stand: 17.09.2024
[Bitte beachten Sie: Unsere Artikel können nicht den Rat eines Arztes ersetzen. Bei gesundheitlichen Problemen wenden Sie sich bitte immer an einen Arzt Ihres Vertrauens!]
Angststörung und Angsterkrankung: