Wie lange sollten Kinder am Computer sitzen dürfen?
Text: A. B. (Medienwissenschaftlerin / Journalistin, Mutter) / Letzte Aktualisierung: 13.07.2022
Wie viel Computer ist gesund für Kinder?
Wir verabreden uns mit unseren Freunden über Social Media, erledigen unsere Einkäufe im Netz, schauen uns auf dem Smartphone Videos an, hören online Musik und lernen und arbeiten mit dem Computer. All das erleben Kinder heute im Alltag von Klein auf mit: Sie sind - im Gegensatz zu vielen Eltern von heute - echte "Digital Natives". Manch einen Erwachsenen verleitet die Tatsache, dass sich der eigene Nachwuchs bereits besser mit dem Computer auskennt als man selbst, zu der Annahme, dass er auch entsprechend kompetent damit umgehen kann. Eine Begleitung und auch Überwachung der Kinder im Umgang mit Computer ist jedoch unverzichtbar.
Lesen Sie dazu auch: Medienerziehung für Kinder in der Familie
Ab wann sollten Kinder an den Computer herangeführt werden?
Pauschalisierte Empfehlungen zu diesem Thema sind schwierig. Weitestgehender Konsens herrscht unter Experten dahingehend, dass für Babys und Kleinkinder bis drei Jahren Bildschirmmedien noch gar nicht geeignet sind. Für Kinder ab vier Jahren gibt es spezielle Kindercomputer mit visuellen Konzentrationsspielen und/oder interaktiven Lernelementen, über deren Sinn man sich natürlich trefflich streiten kann. (Mehr Infos über Lerncomputer) Wer mit seinen Kindern viel liest, bespricht und ihnen Dinge erklärt, kommt sicherlich auch gut ohne Kindercomputer aus. Das Kind jedoch mit übertriebener Bewahrpädagogik komplett vom Computer fernzuhalten, bevor es - beispielsweise - zehn Jahre alt ist, gilt in der heutigen digitalen Gesellschaft tendenziell als eher weltfremde Ansicht.
Wichtig ist, das Kind beim Herantasten an die digitale Welt konstruktiv zu begleiten. Das kann etwa im Vorschulalter ab etwa fünf Jahren beginnen oder auch in der Grundschule. Eltern können mit ihren Kindern gemeinsam üben, wie man das Gerät bedient und über die Unterschiede zwischen dem Geschehen auf dem Bildschirm und dem in der Realität sprechen. Erlebt das Kind beispielsweise in einem Computerspiel ein Bauernhof-Abenteuer, dann könnte man danach auch einen echten Bauernhof besuchen gehen und dem Kind zeigen, wie die Tiere "in echt" aussehen. Generell gilt: Der Computer sollte immer nur eine Spielmöglichkeit unter vielen sein. Später ist er wichtig für das Digitale Lernen.
Feste Nutzungsdauer vereinbaren
Ratsam ist es, eine feste Nutzungsdauer am Computer nicht zu überschreiten bzw. wenn das Kind älter ist, mit ihm zu vereinbaren. Bei Kindern bis fünf Jahren empfiehlt die "schau hin!"-Initiative eine maximale Bildschirmzeit von 30 Minuten täglich, bei Sechs- bis Neunjährigen ist es eine Stunde täglich. Bei älteren Kindern wird empfohlen, ein wöchentliches Zeitkontingent zu vereinbaren. Wird die vereinbarte Zeit etwa innerhalb von drei Tagen aufgebraucht, bleibt der Bildschirm für den Rest der Woche ausgeschaltet. Auf diese Weise lernen Kinder, sich ihre Ressourcen vorausschauend einzuteilen. Als Orientierung dient dabei die Formel "zehn Minuten Medienzeit pro Lebensjahr täglich" oder "eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche". Lässt man die Kids länger am Computer sitzen kann das auch schnell zu Computersucht führen.
Wichtig ist, dass die Kinder am besten eine Stunde vor dem Schlafen gehen den Computer ausschalten. So haben sie genug Zeit "runterzukommen" und bei Bedarf mit den Eltern über das Gesehene oder Gelesene zu sprechen. Auch sollte es hin und wieder einen medienfreien Tag geben. Unternehmen Sie doch beispielsweise am Wochenende etwas gemeinsam als Familie - ganz ohne Handy etc.
Selbst Vorbild sein
Die schönsten Regeln bringen jedoch wenig, wenn die Eltern selbst kein gutes Vorbild abgeben. Wenn Vater und Mutter jede freie Minute am Tablet oder am Smartphone daddeln oder regelmäßig vor den Augen der Kinder am Computer oder der Playstation zocken, werden die Kinder das ebenfalls einfordern. Ein Kind kann dann am besten eine gesunde, eigene Haltung und einen verantwortungsvollen Umgang mit den Neuen Medien lernen, wenn die Eltern ihnen dies vorleben. Lesen Sie dazu auch: Handysucht der Eltern
Ab wann einen eigenen Computer für das Kind anschaffen?
Ab der dritten oder vierten Grundschulklasse können bereits viele Kinder gut mit dem Computer umgehen und oft stellt sich dann die Frage, ob dies auch der richtige Zeitpunkt ist, um für das Kind einen eigenen Computer anzuschaffen. Wie bereits oben kurz erwähnt, sind die meisten Kinder nicht mit dem Gerät, sondern mit der Nutzung, also mit Inhalt und Dauer, überfordert. Sofern die Eltern hier eine kontinuierliche Hilfestellung gewährleisten können und sicherstellen, dass das Kind nicht einfach nur vor dem Gerät "geparkt" wird, spricht nichts gegen eine Computer-Anschaffung in diesem Alter. Ratsam ist die Wahl eines Computers mit Touchscreen, also ein iPad oder ein Android-Gerät. Darauf kann man besser Apps oder interaktive Lernsoftware ausprobieren und im Internet auf Kinderseiten surfen. Auf diese Weise kann sich das Grundschulkind sinnvoll auf die Arbeit mit Computern vorbereiten, die in der weiterführenden Schule sowieso auf es zukommt. Vor diesem Hintergrund ist die Anschaffung eines eigenen Computers für das Kind deutlich sinniger als etwa ein eigener Fernseher. Tipp: Evtl. haben Sie ja ein etwas älteres Tablet und möchten sich ein neues kaufen. Dann kann Ihr Kind zunächst mit dem "alten Tablet" probieren und lernen.
Was ist gute Kindersoftware?
Jedes Kind ist anders, daher kann es auch hier keine standardisierten Empfehlungen geben. Am besten ist es, die Software gemeinsam auszusuchen. Eine gute Orientierung, welche Spiele unterhaltsam sind und Freude bringen, kann zum Beispiel der TOMMI-Empfehlungskatalog sein. Der Deutsche Kindersoftwarepreis TOMMI zeichnet seit 2002 jährlich hochwertige digitale Spiele und Bildungsangebote für Kinder aus.
Achten Sie bei der Auswahl der Software immer auf das Alter und die Interessen des Kindes!
Erfahren Sie bei uns auch Wie das Internet die Kinder beeinflusst.
Und das Internet?
Um Kinder vor schädlichen Inhalten zu bewahren, gibt es entsprechende Filter, die installiert werden können. Das sollte Eltern jedoch nicht in falscher Sicherheit wiegen. Manche Kids sind pfiffig genug darin, das Filter-Programm zu umgehen. Besser ist es, mit dem Kind zusammen das Netz erkunden. Erklären Sie worauf das Kind achten sollte. Das gehört ebenfalls zur Medienerziehung. Lesen Sie auch: Wie lange dürfen Kinder im Internet surfen?