Mehrgenerationenhaus - Tipps für die Planung und Umsetzung

Text: O. K. / Letzte Aktualisierung: 04.10.2023

Ein Mehrgenerationenhaus
Ein Mehrgenerationenhaus - Wo Großeltern, Kinder und Enkelkinder unter einem Dach leben - Foto: © hydebrink

Mehrgenerationenhaus - Zusammen leben, zusammen wachsen:

Mehrgenerationenhäuser erleben momentan eine echte Renaissance. Sie bringen Familienmitglieder unterschiedlicher Generationen unter einem Dach zusammen und bieten eine Umgebung, in der sich Jung und Alt wohlfühlen, gegenseitig unterstützen und voneinander lernen können. Gerade in der heutigen Gesellschaft, in der Familien oft über weite Strecken verstreut leben und viele ältere Menschen einsam sind, schafft ein Mehrgenerationenhaus die Basis für ein enges familiäres Netzwerk.

Im Kern bietet ein Mehrgenerationenhaus individuelle Wohnbereiche für jedes Familienmitglied oder jede Familie. Diese privaten Bereiche dienen als Rückzugsort, geben den Bewohnern persönlichen Freiraum und die Möglichkeit, bei Bedarf Ruhe zu finden. Daneben gibt es Gemeinschaftsräume, die den Austausch unter und das Zusammenkommen der einzelnen Generationen fördern. Hier können gemeinsame Mahlzeiten, Spieleabende oder einfach gesellige Runden stattfinden.

Sie planen ein Haus zu bauen oder zu kaufen und zum Mehrgenerationenhaus umzugestalten? Mit diesem Ratgeber möchten wir Sie auf diesem Weg unterstützen. Dazu haben wir für Sie Informationen und Tipps zur Planung und Finanzierung sowie zum Alltag mit mehreren Generationen unter einem Dach zusammengestellt. So schaffen Sie ein behagliches Zuhause, das den Zusammenhalt zwischen den Generationen stärkt und gleichzeitig Raum für individuelle Entfaltung bietet.

Vorüberlegungen für ein harmonisches Zusammenleben

Sie haben sich dazu entschieden, den Traum vom Mehrgenerationenhaus in die Realität umzusetzen und mit Familie und/oder Freunden unter einem Dach zu leben? Bevor Sie in das Abenteuer starten, sollten Sie einige grundlegende Überlegungen anstellen. Diese helfen Ihnen, klare Vorstellungen zu entwickeln und eine solide Basis für die weitere Planung des Mehrgenerationenhauses zu schaffen.

Familiäre Bedürfnisse und Wünsche klären

Nehmen Sie sich im Vorfeld Zeit, um mit allen beteiligten Familienmitgliedern zu sprechen. Erforschen Sie gemeinsam die Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen, die jeder an das zukünftige Zusammenleben hat. Offene Gespräche sind hier der Schlüssel zu einem harmonischen Miteinander. Ein Hilfsmittel kann das Erstellen einer Liste sein, auf der Sie die Prioritäten aller Mitbewohner festhalten und die im weiteren Verlauf der Planung als Diskussionsgrundlage dienen kann. Ziel ist es, eine Balance zwischen verschiedenen Bedürfnissen zu finden, mit der alle glücklich sind.

Gut zu wissen:
Kompromissbereitschaft ist eine wichtige Grundvoraussetzung für ein harmonisches Zusammenleben in einem Mehrgenerationenhaus.

Gemeinsame Vorstellungen entwickeln

Damit alle an einem Strang ziehen, ist es wichtig, dass Sie jeden Mitbewohner schon in die Vorüberlegungen mit einbeziehen. Fragen Sie sich und alle Beteiligten im Familienrat, welche Werte Ihnen wichtig sind. Wie stellen Sie sich das tägliche Miteinander in Bezug auf Gemeinschaft, Unterstützung und Privatsphäre vor? Nutzen Sie dazu am besten konkrete Beispiele. Wie stellen sich die Bewohner zum Beispiel die gemeinsamen Mahlzeiten vor oder wie sollen möglicherweise auftretende Konflikte gelöst werden?

Die Entwicklung gemeinsamer Vorstellungen stärkt den Zusammenhalt und die Vorfreude auf das gemeinsame Projekt und sorgt später für einen reibungslosen Alltag. Tipp: Halten Sie wichtige Punkte schriftlich fest. Sie können bei zukünftig anstehenden Entscheidungen oder Konflikten als eine Art Leitfaden dienen.

Klare Absprachen treffen

Klare Absprachen von Anfang an vermeiden spätere Missverständnisse und Konflikte. Legen Sie deshalb frühzeitig gemeinsam Regeln für das Zusammenleben fest und besprechen Sie, wie Entscheidungen getroffen werden sollen.

Familie im Mehrgenerationenhaus
Für ein harmonisches Zusammenleben im Mehrgenerationenhaus sind klare Regeln und Absprachen wichtig! - Foto: © Studio Romantic

Professionelle Beratung in Anspruch nehmen

Bei der Planung eines Mehrgenerationenhauses kann es hilfreich sein, eine externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Achten Sie jedoch darauf, einen Berater mit Erfahrung auszuwählen, der entweder schon mehrere erfolgreiche Projekte vorweisen kann oder aber selbst in einem Mehrgenerationenhaus lebt.

Die Planungsphase: Der erste Schritt zum Mehrgenerationenhaus

Die grundlegenden Vorstellungen über das zukünftige Zusammenleben sind geklärt und alle beteiligten Personen sind sich einig, gemeinsam unter einem Dach leben zu wollen. Beste Voraussetzungen, um in die konkrete Planungsphase zu starten. Hier legen Sie den Grundstein für Ihr zukünftiges Mehrgenerationenhaus.

Auswahl des geeigneten Standortes

Der Standort ist eine der wichtigsten Entscheidungen bei der Planung eines Mehrgenerationenhauses. Hier sollten Sie unbedingt auf Punkte wie die Nähe zur Arbeit der berufstätigen Mitbewohner und die Schule der im Haus lebenden Kinder achten. Auch die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten und der medizinischen Versorgung ist wichtig. So können ältere Mitbewohner selbstständig Erledigungen machen und Ärzte besuchen. Auch die soziale Umgebung und mögliche Freizeitangebote sind wichtige Faktoren bei der Wahl des optimalen Standorts.
(Lesen Sie auch: Wie findet man das passende Baugrundstück?

Bestimmung der Größe des Mehrgenerationenhauses

Um die optimale Größe Ihres Mehrgenerationenhauses zu planen, sollten Sie zuerst den Raumbedarf für jede Generation ermitteln. Sprechen Sie dazu mit allen an dem Projekt Beteiligten über ihre räumlichen Bedürfnisse. Berücksichtigen Sie dabei aber auch mögliche zukünftige Veränderungen wie Familienzuwachs, den Einzug weiterer Mitbewohner und/oder die Pflegebedürftigkeit älterer Familienmitglieder.

Altersgerechte und barrierefreie Gestaltung

Die altersgerechte und barrierefreie Gestaltung ist bei der Planung eines Mehrgenerationenhauses ein zentrales Thema. Sie ermöglicht allen Bewohnern, unabhängig von Alter oder körperlichen Fähigkeiten, ein komfortables und sicheres Leben in Ihrem Haus. Bei einem Neubau sollten Sie deshalb schon beim Grundriss barrierefreie Zugänge wie breite Türen, Rampen und Sanitäranlagen wie ebenerdige Duschen berücksichtigen. Auch die Höhe von Schaltern und Steckdosen sowie die Wahl rutschfester Bodenbeläge tragen zu mehr Sicherheit und Komfort in Ihrem gemeinsamen Mehrgenerationenhaus bei.

Möchten Sie kein neues Haus bauen, sondern eine Bestandsimmobilie kaufen und zum Mehrgenerationenhaus umgestalten, sollten Sie - sofern nötig - frühzeitig einen barrierefreien Umbau planen. Förderungen wie das KfW-Programm "Altersgerecht Umbauen" und Zuschüsse durch die Pflegekasse bei Pflegebedürftigkeit der Bewohner helfen erforderliche Umbaumaßnahmen finanziell zu stemmen.

Tipp:
Nehmen Sie bei Bedarf die Hilfe eines Beraters für barrierefreies Bauen bzw. Umbauen in Anspruch. Dieser kann Ihnen wertvolle Hinweise geben, um ein inklusives und funktionales Wohnumfeld zu schaffen, welches die Lebensqualität aller Bewohner - ganz gleich, ob jung oder alt - optimal fördert. Qualifizierte Berater in Ihrer Nähe finden Sie zum Beispiel über die Website nullbarriere.de.

Individuelle Wohnbereiche und Gemeinschaftsräume planen

Gemeinschaftsräume sind das Herz eines Mehrgenerationenhauses. Hierzu zählen beispielsweise eine große Küche mit Essbereich, ein geräumiges Wohnzimmer oder gemeinschaftliche Außenbereiche wie Garten oder Terrasse. Auch Spielzimmer oder Hobbyräume können - je nach Interessen der Bewohner - als Gemeinschaftsräume ausgelegt sein und den Austausch unter den Generationen fördern. Bei der Planung sollten Sie darauf achten, dass diese Räume freundlich und komfortabel gestaltet sind, um den Bewohnern einen Treffpunkt zu bieten, den sie gerne nutzen. Achten Sie bei dabei auch darauf, dass Möbel und Ausstattung altersgerecht und für alle nutzbar sind.

Finanzierungsmöglichkeiten für ein Mehrgenerationenhaus

Grundsätzlich funktioniert die Finanzierung eines Mehrgenerationenhauses genauso wie die Finanzierung jeder anderen Immobilie. Von Vorteil ist jedoch, wenn sich alle Generationen nach ihren Möglichkeiten an einer Darlehensaufnahme beteiligen. So steigt in der Regel das Haushaltseinkommen des gesamten Hauses und damit auch die Höhe der möglichen Darlehenssumme oder Tilgungsraten. Letztere verkürzen die Kreditlaufzeit, ebenso wie Sondertilgungen, die einzelne Familienmitglieder tätigen können. Allerdings berücksichtigen nicht alle Banken bei der Darlehensberechnung die Renten- oder Pensionszahlungen der älteren Generation. Grund: Oft ist das Alter für eine Baufinanzierung auf 65 Jahre beschränkt, bei manchen Banken sogar schon ab 50 Jahren nur noch mit Einschränkungen oder Sonderbedingungen möglich. Weitere Tipps zur Baufinanzierung für Familien

Wichtig ist beispielsweise die Erbfolge der Bewohner in einem Mehrfamilienhaus und ob es noch weitere Erben gibt, die nicht mit in das Haus einziehen, aber im Todesfall der älteren Generation berücksichtigt werden müssen. Dies sind nur einige Punkte, die Sie bei der Finanzierung bedenken und mit der Bank abklären sollten.

Tipp:
Seien Sie in jedem Fall transparent gegenüber der kreditgebenden Bank, was Ihre konkrete Vorstellung von einem Mehrgenerationenhaus betrifft. Manche Kreditinstitute zeigen sich flexibler, wenn sie das Gesamtbild verstehen. Achten Sie auch darauf, dass die Finanzplanung nachhaltig ist und mögliche Änderungen bei der Finanzsituation der einzelnen Bewohner berücksichtigt.

Staatliche Förderung für Mehrgenerationenhäuser

Unabhängig davon gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten, die Sie bei der Finanzierung eines Mehrgenerationenhauses in Anspruch nehmen können: Seit 2021 (und noch bis 2028) gibt es das "Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander - Füreinander". Dieses Programm beinhaltet die Gewährung von nicht zurückzahlbaren Zuschüssen durch den Bund. Diese liegen bei bis zu 40.000 Euro jährlich pro Mehrgenerationenhaus, sofern eine Kofinanzierung von je 10.000 Euro von Kommunen, Landkreisen und/oder Bundesländern vorliegt.

Der Staat unterstützt die Finanzierung eines Mehrgenerationenhauses auch mit zinsgünstigen Krediten über die staatliche Förderbank KfW. Sie bietet unter anderem das Programm "KfW 159 - Altersgerecht umbauen" an. Dieses Programm finanziert bauliche Maßnahmen durch zinsgünstige Kredite von derzeit bis zu 50.000 Euro pro Wohneinheit. Auch andere Programme der KfW können infrage kommen und den Traum vom Mehrgenerationenhaus ein Stück erschwinglicher machen.

Großmutter, Tochter und Enkeltochter beim Kochen
In einem Mehrgenerationenhaus profitieren die Generationen von einander - Foto: © Konstantin Yuganov - alle Bilder stock.adobe. com

Zusammenleben im Mehrgenerationenhaus

Das Leben im Mehrgenerationenhaus bietet die einzigartige Chance, von den Erfahrungen und Fähigkeiten aller Generationen zu profitieren. Der Schlüssel zu einem harmonischen Miteinander liegt in der Rücksichtnahme und dem respektvollen Umgang miteinander. Eine offene und ehrliche Kommunikation ist dabei unerlässlich. So lassen sich Missverständnisse vermeiden und konstruktive Lösungen für Konflikte finden. Eine sinnvolle Idee sind in diesem Zusammenhang regelmäßige Treffen, bei denen alle Hausbewohner anwesend sind. Dabei können Anliegen, Sorgen und Ideen geteilt werden, was zu einem verständnisvollen Miteinander beiträgt.

Aufgabenverteilung und gemeinsame Aktivitäten

Eine klare Aufteilung von Aufgaben und Verantwortungen hilft, den Alltag im Mehrgenerationenhaus zu organisieren und gibt jedem Bewohner die Möglichkeit, sich in das Gemeinschaftsleben einzubringen. Ein Beispiel sind die Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten im und am Haus. Hier kann zum Beispiel ein Reinigungsplan hilfreich sein oder das Festlegen von Arbeiten nach den Möglichkeiten der Bewohner. Zum Beispiel:

  • Reinigung der Gemeinschaftsräume
  • Gartenpflege (Rasen mähen, Laub harken)
  • Kleine Reparaturarbeiten
  • Kommunikation mit Handwerkern, Dienstleistern, Banken usw.

Gleichzeitig fördern gemeinsame Aktivitäten wie gemeinsames Kochen und Essen, unterhaltsame Spieleabende mit der Familie, Arbeiten im Garten und Feiern den Zusammenhalt der Gemeinschaft. Sie bieten darüber hinaus die Gelegenheit, schöne Momente miteinander zu teilen und die Beziehungen untereinander zu vertiefen.

Privatsphäre und gegenseitige Unterstützung

Trotz der Gemeinschaft ist die Privatsphäre ein wichtiger Aspekt im alltäglichen Zusammenleben. Deshalb sollte jeder Bewohner des Mehrgenerationenhauses die Möglichkeit haben, sich bei Bedarf in seinen privaten Bereich zurückzuziehen. Auf der anderen Seite bietet das Zusammenleben die Möglichkeit, sich gegenseitig im Alltag zu unterstützen. Sei es bei der Kinderbetreuung durch die Großeltern oder der Hilfe bei täglichen Aufgaben wie Einkaufen durch die jüngeren Generationen. Diese Balance zwischen Gemeinschaft und Privatsphäre macht das tägliche Miteinander im Mehrgenerationenhaus zu einer bereichernden und unterstützenden Erfahrung für alle.

Weiterführende Informationen und Quellen:

Wohnen im Alter:

Senioren Ratgeber: