Zahnarztangst - wenn der Zahnarztbesuch zur Qual wird

Text: O. K. / Letzte Aktualisierung: 14.04.2024

Junge Frau hat Zahnarztangst
Viele Menschen leiden unter Zahnarztangst! - Foto: © pathdoc - stock.adobe. com

Löst schon der bloße Gedanke an den Besuch beim Zahnarzt bei Ihnen Panik aus? Dann leiden Sie möglicherweise unter einer Dentalphobie, die allgemein auch als Zahnarztangst bekannt ist. Schätzungen zufolge leiden zwischen 10 und 15 % der Bevölkerung unter einer übersteigerten Angst vor Zahnbehandlungen. Während nahezu jeder Nervosität vor einem Besuch beim Zahnarzt verspürt, verspüren Betroffene einer Dentalphobie häufig intensive Angstgefühle und vermeiden deshalb nach Möglichkeit den Besuch beim Zahnarzt - nicht selten mit gravierenden Folgen für die Mund- und Zahngesundheit.

Doch es gibt Hoffnung, denn die Angst lässt sich auch in sehr stark ausgeprägten Fällen wieder gut in den Griff bekommen, sodass wieder ein normaler Zahnarztbesuch möglich ist. In unserem Ratgeber geben wir Ihnen Tipps dazu und stellen Ihnen praxiserprobte Methoden vor, mit denen Sie Anspannung abbauen und Ihre Dentalphobie überwinden können.

Zahnarztangst - was ist das genau?

Nervöse Unruhe, schwitzige Hände, Herzklopfen - nahezu jeder von uns ist vor einem Besuch beim Zahnarzt aufgeregt. Im Normalfall hindert uns diese Nervosität jedoch nicht daran, den Termin in der Praxis wahrzunehmen und so wichtige Behandlungen für unsere Mund- und Zahngesundheit durchführen zu lassen. Bei einer Zahnarztangst oder Dentalphobie ist diese Angst jedoch so stark ausgeprägt, dass sich die Gedanken schon Tage vor einem Termin nur um den Zahnarztbesuch drehen und der Körper mit starken Symptomen wie übermäßigem Schwitzen, Herzrasen, Schwindel, Übelkeit und Schlaflosigkeit darauf reagiert. Unmittelbar vor oder auch während des Besuchs erleben einige Betroffene Panikattacken oder haben das Gefühl, aus der Situation flüchten zu müssen. Nach einer solchen Erfahrung kommt es nicht selten vor, dass Betroffene Zahnarztbesuche komplett vermeiden, wodurch sie in eine Spirale geraten und die Angst sich weiter verfestigen kann. Seit einigen Jahren ist die Angst vorm Zahnarzt als psychische Krankheit anerkannt (ICD-10 GM 2006 F40.2).

Welche Ursachen hat eine Dentalphobie?

Die Ursachen für eine Zahnarztphobie sind vielfältig. Oft sind es negative Erfahrung bei einem Zahnarztbesuch, wie zum Beispiel ein schmerzhafte Behandlung oder das Gefühl des Ausgeliefertseins, die sich tief in das Gehirn einprägen und mit der Zeit eine Angst entstehen lassen. Bei anderen Betroffenen ist es das Gefühl, die Kontrolle abgeben zu müssen und dem Zahnarzt und den Helferinnen ausgeliefert zu sein, weshalb sie mit den oben beschriebenen Angstsymptomen oder im schlimmsten Fall sogar gar nicht zur Behandlung gehen. So kann ein Teufelskreis entstehen, denn durch das Vermeiden wird der Zahnzustand schlechter und zu der Angst kommt noch die Scham hinzu.

Welche Folgen kann Zahnarztangst haben?

Viele Betroffene leiden so sehr unter ihrer Dentalphobie, dass sie oft über Jahre nicht zum Zahnarzt gehen. Dieses Vermeidungsverhalten führt häufig zu einem schlechten Zustand der Zähne, der sich durch Karies, Zahnstein und Zahnfleischentzündungen bemerkbar macht. Zu den Folgen gehören unter anderem starke Schmerzen durch Löcher und Wurzelentzündungen sowie hartnäckige Entzündungen, die ohne Behandlung im schlimmsten Fall bis auf den Kiefer und auf andere Körperregionen übergreifen und weitere Beschwerden hervorrufen können.

Mit der Zeit drohen durch die schlechten Zähne weitere Folgen wie Zahnverlust, Probleme bei der Ernährung durch Schmerzen an Zähnen und Zahnfleisch sowie ein aufgrund der Scham zunehmender Rückzug von sozialen Aktivitäten. Im schlimmsten Fall kommt es zu Depressionen. Umso wichtiger ist es, dass Sie bei einer Dentalphobie frühzeitig aktiv werden und sich professionelle Hilfe suchen.

Welche Möglichkeiten gibt es, mit einer Dentalphobie umzugehen?

Auch wenn Ihnen die Zahnarztangst ausweglos erscheint, muss sie kein lebenslanger Begleiter sein. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten und Techniken, mit denen Sie die Angst bewältigen und wieder entspannt zum Zahnarzt gehen oder sich zumindest ohne Beschwerden behandeln lassen können. [1] Die in der Praxis bewährtesten Hilfsmöglichkeiten für Menschen mit Dentalphobie stellen wir Ihnen im Folgenden kurz vor.

Auf Angstpatienten spezialisierter Zahnarzt

Die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Zahnbehandlung trotz Dentalphobie ist es, einen verständnisvollen Zahnarzt zu finden. Am besten eignen sich hier auf Angstpatienten spezialisierte Zahnärzte. Im Unterschied zu einem normalen Zahnarzt nehmen sich diese oft viel Zeit für eine ausführliche Beratung und schaffen eine entspannte Atmosphäre, bei der erst gar keine Angst oder Panik aufkommen kann.

Sie bleiben stets Herr der Situation

Die schnellstmögliche Behandlung ist hier nicht das Ziel. Vielmehr geben Ihnen diese Zahnärzte die Möglichkeit, sich in Ihrem ganz eigenen Tempo an die Zahnbehandlung heranzutasten und stets die Kontrolle über die Situation zu behalten. Sie können zum Beispiel zunächst nur auf dem Zahnarztstuhl Platz nehmen oder auch nur den Zahnstatus untersuchen lassen. Fühlen Sie sich gut und entspannt, kann es weitergehen. Merken Sie hingegen, dass die Angst stärker wird, können Sie jederzeit pausieren.

Darüber hinaus bieten die Praxen noch weitere Optionen an [2], die Behandlung für Sie so angenehm wie möglich zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise

  • Entspannungstechniken (z. B. autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobsen),
  • die Möglichkeit eigene Musik zu hören oder Filme anzusehen und
  • der Einsatz spezieller VR-Headsets mit Entspannungsvideos und -musik.

Tipp:
Zahnärzte, die sich auf Angstpatienten spezialisiert haben, finden Sie über Ihre Krankenkasse.

Psychotherapie gegen Zahnarztangst

Wenn Ihre Angst vor der Zahnbehandlung sehr stark ausgeprägt ist und Sie schon beim reinen Gedanken an Bohrer und Zahnarztstuhl Panik verspüren, ist eine Psychotherapie bei einem Psychotherapeuten die beste Lösung. Da die Dentalphobie eine anerkannte Störung ist, übernehmen die Krankenkassen bei entsprechender Diagnose die Kosten hierfür.

Bewährtes Mittel: Kognitive Verhaltenstherapie

Meist führt der Psychologe nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch eine kognitive Verhaltenstherapie mit Ihnen durch. Dabei führt er Sie nach und nach in die angstauslösende Situation (die Behandlung beim Zahnarzt) und konfrontiert Sie so mit der Zahnarztangst. Zunächst kann es dabei zu Panik kommen, mit der Zeit nimmt diese jedoch durch die wiederholte Konfrontation und die Neubewertung der Situation ab.

Zusätzliche Mittel zur Angstbewältigung

Als zusätzliches Mittel gegen die Angst können Medikamente (z. B. "Antidepressiva"), Ablenkungsstrategien oder auch Entspannungstechniken wie Atemübungen oder autogenes Training zum Einsatz kommen. Was sich davon am besten für Ihren konkreten Fall eignet, bespricht der Psychologe im Rahmen der Therapie mit Ihnen.

Zahnbehandlung unter Vollnarkose

Die Zahnbehandlung einfach verschlafen - das wünschen sich wahrscheinlich die meisten Menschen mit Zahnarztphobie. Mit einer Vollnarkose ist das durchaus möglich. Sie bietet sich vor allem bei sehr umfangreichen Behandlungen wie einer Komplettsanierung des Gebisses nach jahrelanger Vernachlässigung aufgrund von Zahnarztangst an. Aber auch bei Eingriffen, die Schmerzen verursachen oder einfach sehr unangenehm sind, wie zum Beispiel OPs am Kieferknochen oder Wurzelbehandlungen, ist die Vollnarkose eine Alternative.

Zahnbehandlung unter Vollnarkose für Angstpatienten
Patienten mit Zahnarztangst können sich unter Vollnarkose behandeln lassen. - Foto: © inna717 - stock.adobe. com
Vollnarkose erfolgt immer mit einem Anästhesisten

Die Behandlung erfolgt zusammen mit einem Zahnarzt und einem Anästhesisten, der die Vollnarkose einleitet und die ganze Zeit über Ihre Vitalwerte wie Atmung und Herzschlag überwacht. Unter diesen Voraussetzungen ist die Zahnbehandlung unter Vollnarkose eine sehr sichere Option für Menschen mit Dentalphobie. Die Kosten trägt die Krankenkasse in der Regel nur, wenn eine medizinische Notwendigkeit für die Vollnarkose vorliegt. Dies ist zum Beispiel im Fall einer diagnostizierten Zahnarztphobie gegeben.

Hinweis:
Wenn Sie noch keine Diagnose haben (z. B. wegen langer Wartezeiten beim Therapeuten), Sie aber dringend eine Zahnbehandlung benötigen, sollten Sie sich mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen und fragen, welche Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten einer Vollnarkose bestehen. Sind Sie bereit die Kosten für die Vollnarkose aus eigener Tasche zu tragen, müssen Sie mit etwa 150 bis 300 Euro rechnen.

Zahnbehandlung unter Hypnose

Eine weitere Möglichkeit, mit der Sie sich trotz Zahnarztangst behandeln lassen können, bietet die Hypnose. Speziell geschulte Zahnärzte leiten Sie im Rahmen der Hypnosetherapie an, zu entspannen, Ihre Aufmerksamkeit nach innen zu richten und die Umgebung um Sie herum auszublenden. Sofern Sie Hypnose positiv gegenüberstehen und sich darauf einlassen, können Sie in einen Zustand gelangen, bei dem Sie weder Angst noch Stress oder Schmerzen verspüren. Wie gut bzw. tief die Hypnose ist und wie lange sie wirkt, ist allerdings von Patient zu Patient unterschiedlich. Wichtig ist, dass Sie Vertrauen zu dem Zahnarzt haben.

Tipp:
Es gibt keine geschützte Bezeichnung für Zahnärzte, anhand der Sie erkennen können, ob es sich um einen wirklich qualifizierten Hypnosezahnarzt handelt. Sie finden jedoch auf der Website der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Hypnose e. V. eine Liste mit über 1.000 Mitgliedspraxen, die nach den hohen Qualitätsstandards der DGZH arbeiten. [3]

Zahnarztangst vorbeugen: Am besten schon im Kindesalter beginnen

Besser als jede Behandlung ist es, die Entstehung einer Zahnarztangst von vorneherein zu unterbinden, im Idealfall schon im Kindesalter. Denn schon in jungen Jahren können Sie den Grundstein für eine positive Einstellung zur Zahngesundheit und zur zahnärztlichen Versorgung legen, die sich ein Leben lang auf das Verhalten auswirken kann.

Kinder sind offen für neue Erfahrungen

Zwar lässt sich nicht komplett ausschließen, dass sich bei einem Kind oder Erwachsenen irgendwann eine Dentalphobie ausbildet, doch mit den folgenden Tipps können Sie das Risiko einer Zahnarztangst bei Kindern zumindest erheblich verringern. Grundsätzlich können Sie sich die natürliche Neugier der Kinder zunutze machen, denn sie sind offen für Neues und lernen gerne dazu. Die Zahnhygiene und Zahngesundheit sind in der Erwachsenenwelt und auch schon bei den Jüngsten von großer Bedeutung. Dazu gehört nicht nur das Zähneputzen, sondern auch der regelmäßige Besuch beim Zahnarzt. Die Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt ist also etwas ganz Normales und nichts, wovor man sich fürchten muss. Im Gegenteil, es kann spannend und sogar lohnenswert sein, den Zahnarzt zu besuchen.

Kind hat keine Angst vor dem Zahnarzt
Kinder können spielerisch an den Zahnarztbesuch gewöhnt werden. - Foto: © SergeyCash - stock.adobe. com
Erklären, warum der Besuch beim Zahnarzt wichtig ist

Kindern, die noch nie beim Zahnarzt waren oder sich zumindest daran nicht erinnern können, sollten Sie vorher erklären, warum der Besuch wichtig ist und was sie dort erwartet. Erzählen Sie entweder mit eigenen Worten oder nutzen Sie spezielle Geschichten oder Bücher, die es für verschiedene Altersgruppen gibt. Besonders toll finden es viele Kinder, wenn Sie vorab schon mal selbst Zahnarzt spielen können - entweder als Patient oder als Arzt, der dem Teddy oder der Puppe in den Mund schauen und die Zähne kontrollieren darf. Eltern finden bei uns weitere Tipps zur Zahnpflege für Kinder.

Kinder einfach zum Zahnarzttermin mitnehmen

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, Ihre Kinder vor deren Zahnarzttermin einmal mitzunehmen, wenn Sie selbst einen Kontrolltermin wahrnehmen. Dann lernen die Kinder schon mal die Umgebung mit Zahnarztstuhl, ungewohnten Gerüchen und neuen Menschen kennen. Sie können beobachten, was der Zahnarzt macht und dass die ganze Untersuchung überhaupt nicht schlimm ist. Für viele Kinder ist das vorherige Hineinschnuppern in die Situation sehr wichtig und hilfreich, damit erst gar keine Ängste entstehen.

Und wenn die kleinen Patienten dann selbst an der Reihe sind mit einem Zahnarztbesuch, kennen sie alles schon und müssen nur noch den Termin wahrnehmen. Für die erfahrenen unter ihnen also ein Kinderspiel. Trotzdem dürfen sie sich natürlich freuen, wenn sie den Termin gut gemeistert haben. Dafür darf es dann gerne ein großes Lob oder eine kleine Belohnung geben - auch bei den zukünftigen Zahnarztbesuchen.

Fazit: Zahnarztangst lässt sich erfolgreich bewältigen

Mit dem richtigen Ansatz und Unterstützung durch einen Profi können Sie oder Ihr Kind den Besuch beim Zahnarzt angstfrei erleben. Ob durch eine Therapie, eine spezialisierte Praxis oder eine Vollnarkose - es gibt verschiedene Wege, die Angst in den Griff zu bekommen. Der erste Schritt ist, die Angst anzuerkennen und dann proaktiv Hilfe zu suchen. So wird der Zahnarztbesuch wieder zu etwas ganz Normalem, ganz ohne die früheren Ängste.

Weiterführende Informationen und Quellen:

Angststörung & Angsterkrankung: