Erste Hilfe für Kinder - So verhalten Sie sich im Ernstfall richtig

Text: O. K. (Vater) / Letzte Aktualisierung: 29.04.2025

Erste Hilfe für Kinder z.B. bei Stürzen
Das sollten Eltern über Erste Hilfe für Kinder wissen - Foto: © Ermolaev Alexandr - stock.adobe. com

Kinder sind neugierig und wollen die Welt am liebsten auf eigene Faust entdecken. Oft überschätzen sie dabei jedoch ihre Fähigkeiten oder lassen mögliche Gefahren außer Acht. Kleinere Unfälle mit harmlosen Blessuren sind daher in vielen Familien mit Kleinkindern an der Tagesordnung, mit einem Pflaster, tröstenden Worten und etwas Pusten aber auch genauso schnell wieder vergessen, wie sie passiert sind.

Leider gehen Kinderunfälle nicht immer so glimpflich aus. Für diese Fälle ist es wichtig, dass Sie als Eltern oder Großeltern harmlose von ernsten oder potenziell lebensbedrohlichen Verletzungen unterscheiden und bei Bedarf möglichst ruhig und dennoch zügig Hilfe leisten können. Wie Sie dabei richtig vorgehen, erfahren Sie in unserem Ratgeber zum Thema Erste Hilfe für Kinder.

Die wichtigste Grundregel im Notfall: Ruhe bewahren!

Wenn das eigene Kind oder Enkelkind verletzt auf dem Boden liegt, vor Angst oder Schmerzen schreit und weint oder sich plötzlich gar nicht mehr rührt, ist das für alle Beteiligten eine psychische Ausnahmesituation. Dass Sie dabei aufgeregt sind und innerlich starke Angst verspüren, ist völlig normal und absolut verständlich.

Dennoch ist es wichtig, dass Sie gerade jetzt ruhig und besonnen reagieren und nicht auch noch selbst in Panik geraten. Nur so können Sie die Situation richtig einschätzen, Ihrem Kind Sicherheit vermitteln, seine Angst lindern und die erforderlichen Schritte einleiten, um ihm rasch zu helfen.

Wichtig:
Sind Sie sich unsicher, wie ernsthaft Ihr Kind verletzt ist, sollten Sie immer sofort den Notruf wählen. Keine Sorge, selbst wenn sich die Verletzung später als doch nicht so gravierend herausstellt, wird Ihnen der Rettungsdienst keine Vorwürfe machen und auch die Kosten sind stets über die Krankenversicherung abgedeckt. Wie Sie einen Notruf richtig durchführen, lesen Sie weiter unten.

Erste Hilfe bei Stürzen

Stürze gehören bei Kindern zu den häufigsten Verletzungsursachen. Vor allem, wenn die Kleinen mobil werden und auf Möbeln herumklettern oder später mit Fahrrad oder Roller ihre Runden drehen, kommt es immer wieder zu Unfällen. Glücklicherweise gehen die meisten bis auf kleine Schrammen und einen Schreck glimpflich aus.

Bei Knochenbrüchen und Verrenkungen ins Krankenhaus

Jedes zweite Kind erleidet während seiner Kindheit einen Knochenbruch, meist geschieht das beim Toben, Sport oder Radfahren. Betroffen sind in der Regel die Arme oder Hände, manchmal auch die Beine. Ist bei Ihrem Kind nach einem Unfall ein Knochen sichtbar verschoben oder ausgerenkt, sollten Sie versuchen, die Kleidungsstücke um die Verletzung zu entfernen und die Stelle mit einem Verband oder Dreieckstuch zu fixieren. Anschließend fahren Sie in die nächste Notaufnahme, um die Stelle röntgen und ggf. weiterbehandeln zu lassen.

Haben Sie keine Möglichkeit Ihr Kind schmerzfrei zu transportieren oder hat es sich einen stark blutenden, offenen Bruch zugezogen, sollten Sie nicht warten und den Rettungsdienst zur Hilfe rufen.

Nicht immer ist nach einem Sturz gleich der Knochen gebrochen. Manchmal verbirgt sich hinter Schmerzen und Schwellungen auch nur eine Prellung oder Verstauchung, die sich gut mit Ruhigstellen, Kühlen sowie für Kinder geeigneten Schmerzmitteln behandeln lässt. Im Zweifel sollten Sie aber immer einen Kinderarzt aufsuchen.

Vorsicht bei Kopfverletzungen

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Ihr Kind mit dem Kopf auf den Boden aufgeschlagen oder gegen einen Gegenstand geprallt ist. Das Gefährliche daran sind weniger blutende Platzwunden, die Sie meist gut mit einem Pflaster oder einem Verband erstversorgen können, sondern unsichtbare Verletzungen im Kopf.

Achten Sie darauf, ob Ihr Kind nach dem Unfall

  • bewusstlos war,
  • teilnahmslos/verwirrt wirkt,
  • Doppelbilder sieht,
  • sich erbricht oder
  • andere Beschwerden hat.
Auch anhaltendes Schreien kann Anzeichen für eine Kopfverletzung sein. Tritt eines dieser Symptome direkt oder um einige Stunden verzögert auf, sollten Sie sofort den Notarzt rufen. Dahinter kann sich nämlich eine lebensbedrohliche Hirnblutung verbergen, die schnell behandelt werden muss.

Tipp:
Schmerzen und Beulen nach einem Sturz oder Kopfstoß können Sie gut mit einem Kühlpad versorgen. Legen Sie dieses aber nicht direkt auf die Haut, sondern wickeln Sie es in ein Geschirrtuch ein, um Kälteverbrennungen zu vermeiden.

Erste Hilfe bei Atemnot

Eine akute Atemnot kann bei Kindern aus unterschiedlichen Gründen entstehen. Meist sind verschluckte Kleinteile wie Spielzeuge die Ursache, manchmal kann sie auch durch starkes Anschwellen der Atemwege durch eine allergische Reaktion auf Nahrung (z. B. Nüsse) oder einen Insektenstich hervorgerufen werden.

Generell sollten Sie bei schwerer Atemnot

  • Ihr Kind durch gutes Zureden beruhigen,
  • möglicherweise einengende Kleidung öffnen,
  • für ausreichend Frischluftzufuhr sorgen,
  • es in aufrechte Position bringen,
  • über 112 den Notruf wählen und
  • nicht mehr aus den Augen lassen.
Wichtig ist, dass Sie herausfinden, warum Ihr Kind unter Atemnot leidet. Hat es eine bekannte Allergie und wurde von einer Biene gestochen oder hat etwas gegessen, was es nicht verträgt, sollten Sie - sofern vorhanden - einen Notfall-Pen nutzen. Auch Kortisonzäpfchen können helfen. Hat Ihr Kind hingegen etwas verschluckt, was nun die Atemwege blockiert, können Sie versuchen, den Fremdkörper von Hand zu entfernen. Ist das nicht möglich, kann der Heimlich-Handgriff helfen. Dazu sollte das Kind jedoch älter als 1 Jahr sein.

Heimlich-Handgriff bei Atemnot
  • 1. Stellen oder knien Sie sich hinter Ihr Kind.
  • 2. Machen Sie eine Faust unterhalb seines Brustbeins.
  • 3. Umfassen Sie Ihre Faust fest mit Ihrer anderen Hand.
  • 4. Ziehen Sie Ihre Hand ruckartig nach innen und oben.
  • 5. Wiederholen Sie dies, bis der Fremdkörper entfernt ist.
Lesen Sie dazu auch unseren Artikel: Wenn Kinder etwas verschlucken

Erste Hilfe bei Bewusstlosigkeit

Verliert Ihr Kind durch Atemnot, einen Sturz oder aus scheinbar unerklärlichen Gründen das Bewusstsein, legen Sie es flach auf den Rücken. Sprechen Sie es laut mit seinem Namen an, streicheln Sie über seinen Kopf oder kitzeln Sie es leicht. Wird es wach, können Sie es weiterversorgen.

Reagiert das Kind nicht auf Ihre Ansprache, rufen Sie den Notarzt. Anschließend prüfen Sie, ob das Kind Puls hat und selbstständig atmet. Tasten Sie dazu den Puls am Handgelenk oder der Halsschlagader. Die Atmung erkennen Sie gut am sich hebenden Brustkorb oder indem Sie sich über Mund und Nase Ihres Kindes beugen. Ist eines nicht vorhanden, beginnen Sie sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen.

Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Kindern

  • Überstrecken Sie den Kopf des Kindes vorsichtig nach hinten und blasen Sie 2 x Luft durch den Mund, bis sich der Brustkorb sichtbar hebt.
  • Drücken Sie mit dem Handballen das untere Drittel des Brustkorbs 30 x etwa 5 cm tief nach unten. Zweimal Drücken pro Sekunde gilt als ideal.
  • Wiederholen Sie den Ablauf aus 5 x beatmen und 30 x drücken bis das Kind wieder bei Bewusstsein ist oder die Rettung eintrifft und übernimmt.
Sind Atmung und Puls vorhanden, wird das Kind aber trotz Ansprache nicht wach, legen Sie es in die stabile Seitenlage und verständigen ebenfalls die Rettung.

Erste Hilfe bei Vergiftungen

Vergiftungen durch Pflanzen, Medikamente oder Haushaltsreiniger sind ebenfalls häufige Kindernotfälle. Wenn Sie feststellen, dass Ihr Kind eines davon verschluckt hat, sollten Sie sich unmittelbar telefonisch an den Giftnotruf wenden. Eine Liste mit den Rufnummern der jeweiligen Zentralen finden Sie u. a. auf Kindergesundheit-info. Die Experten am Telefon werden Ihnen genau erklären, was Sie als nächstes tun sollen. Wie in allen Notfällen sollten Sie auch bei Vergiftungen Ruhe bewahren und das Kind noch im Mund befindliche Pflanzenteile, Medikamente oder andere Substanzen ausspucken lassen. Danach können Sie ihm zu trinken geben, keinesfalls aber Milch oder kohlensäurehaltige Getränke. Lassen Sie Ihr Kind auf keinen Fall erbrechen, da möglicherweise ätzende Substanzen so erneut die Speiseröhre schädigen können.
Lesen Sie hierzu auch: Vergiftungen bei Kindern mit Tipps zur Vorsorge

Erste Hilfe bei Verbrennungen
Kinder sind neugierig und können sich deshalb schnell mal verbrennen - Foto: © photophonie - stock.adobe. com

Erste Hilfe bei Verbrennungen und Verbrühungen

Kochende Töpfe auf dem Herd, Bügeleisen und offene Flammen ziehen Kinder magisch an und können bei Unfällen gravierende Verbrennungen hervorrufen. Statt Brandsalben aufzutragen oder zu Kühlpacks zu greifen, sollten Sie

  • Ihr Kind in die Dusche oder Badewanne stellen und die betroffenen Bereiche für mindestens 20 Minuten mit 20° C warmem Wasser kühlen,
  • es anschließend mit der goldenen Seite einer Rettungsdecke abdecken oder ihm ein spezielles Brandwunden-Verbandtuch umlegen,
  • sofort in die nächste Klinik fahren bzw. bei großflächigen Verbrühungen und Verbrennungen direkt den Rettungsdienst alarmieren.

Wichtig:

  • Tragen Sie keine Brandsalben, Öle oder andere Hausmittel auf.
  • Entfernen Sie eingebrannte Kleidung auf keinen Fall gewaltsam.
  • Kühlen Sie Ihr Kind niemals mit eiskaltem Wasser.

Notarzt rufen: So setzen Sie den Notruf richtig ab

Im Notfall erreichen Sie den Rettungsdienst unter der Rufnummer 112. Wichtig ist, dass Sie der Rettungsleitstelle bei Ihrem Notruf mitteilen, wo sich genau der Ort des Notfalls befindet (Adresse oder möglichst genaue örtliche Beschreibung), was genau passiert ist (z. B. Sturz, Verbrennung oder Vergiftung), wie viele Verletzte es gibt und wer Sie sind. Bleiben Sie danach unbedingt für mögliche Rückfragen am Telefon. Hat das Kind einen Herz-Kreislauf-Stillstand, unterstützt Sie der Disponent bei Bedarf telefonisch bei der Reanimation. Ziel der Telefonreanimation (T-CPR) ist es, die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte zu überbrücken und so die Chancen auf eine erfolgreiche Reanimation und anschließende Genesung des Kindes zu verbessern.

Für den Notfall gerüstet sein: Erste-Hilfe-Kurse für Eltern

Bei den meisten Menschen liegt der letzte Erste-Hilfe-Kurs schon viele Jahre zurück und das Wissen um das richtige Vorgehen ist entsprechend lückenhaft. Bei Kindern sind die Anforderungen an die Erste-Hilfe-Maßnahmen zudem noch einmal anders als bei Erwachsenen. Daher ist es sowohl für Eltern als auch Großeltern sinnvoll, ihr Wissen mit einem speziell auf Babys und Kinder zugeschnittenen Kurs aufzufrischen.

Kurse für Eltern und Großeltern bieten verschiedene Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und die Malteser sowie lokale Klinken und Krankenhäuser an. Die Schwerpunkte der Lehrgänge sind unterschiedlich, in der Regel umfassen Sie jedoch:

  • präventive Maßnahmen für Unfälle und andere Kindernotfälle,
  • richtiges Handeln bei Stürzen, Verbrennungen und Verschlucken,
  • das Erlernen einer Herz-Lungen-Wiederbelebung beim Baby / Kind,
  • Informationen zu häufig bei Kindern auftretenden Krankheiten und
  • Tipps für das Zusammenstellen einer guten Hausapotheke.
Die Kosten für einen Erste Hilfe Kurs für Eltern sind mit etwa 20 bis 40 Euro pro Person überschaubar. Einige Krankenkassen übernehmen die Kursgebühren anteilig oder vollständig. Fragen Sie am besten vorher bei Ihrer Krankenkasse nach.

Ist eine Unfallversicherung für Kinder sinnvoll?
Eine Unfallversicherung für Kinder kann im Ernstfall vor finanziellen Folgen schützen - Foto: © SNAB - stock.adobe. com

Tipp: Mit einer Unfallversicherung für Kinder vor den finanziellen Folgen schützen

Die meisten Kinderunfälle passieren in der Freizeit und sind dadurch nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Hat sich das Kind schwerer verletzt, muss es eine langwierige Reha durchlaufen oder wird sogar zum Invaliden, müssen Eltern die entstehenden Kosten aus eigener Tasche bestreiten. Um sich vor dieser enormen finanziellen Herausforderung zu schützen, lohnt sich in vielen Fällen der Abschluss einer Unfallversicherung. Je nach Versicherungsumfang bietet diese:

  • eine Invaliditätsleistung bei dauerhafter körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung des Kindes
  • ein Krankhaustagegeld für den Aufenthalt im Krankenhaus und/oder ein Genesungsgeld für die Genesungsphase zu Hause
  • eine lebenslange, monatliche Unfallrente (ab einem bestimmten Invaliditätsgrad, meist ab 50 Prozent)
  • die Kostenübernahme für kosmetische Operationen, um das Erscheinungsbild des Kindes wiederherzustellen
  • eine pauschale Soforthilfe, um die ersten durch den Unfall des Kindes entstandenen Kosten abfedern zu können.
Ein Vergleich verschiedener Anbieter und Tarife kann sich vor dem Abschluss einer Unfallversicherung auszahlen. Achten Sie besonders auf die Versicherungssumme (mind. 100.000 Euro), ob die Summen steigen (Progression) und ob neben Unfällen auch Vergiftungen, Impfschäden und andere Ereignisse eingeschlossen sind.

Quellenangaben und weiterführende Informationen:

Wichtige Telefonnummern für den Notfall:

  • Feuerwehr / Krankenwagen: 112
  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116117
  • Giftnotrufzentralen:
    Berlin, Brandenburg (Telefon: 030 19240)
    Nordrhein-Westfalen (Telefon: 0228 19240)
    Baden-Württemberg (Telefon: 0761 19240)
    Bayern (Telefon: 089 19240)
  • Kinder- und Jugendtelefon: 116 111
  • Telefonseelsorge: 0800 1 11 01 11
  • Polizei: 110
Am besten Sie drucken sich die wichtigsten Telefonnummern aus, so dass diese im Notfall griffbereit sind!
Ergänzen Sie die Liste mit der Telefonnummer von Ihrem Hausarzt, Kinderarzt und Ihrem örtlichen Apothekenbereitschaftsdienst! Hilfreich könnte auch eine Telefonnummer von einem zahnärztlichen Bereitschaftsdienst sein!

[Bitte beachten Sie: Unsere Artikel können nicht den Rat eines Arztes ersetzen. Bei gesundheitlichen Problemen wenden Sie sich bitte immer an einen Arzt Ihres Vertrauens!]

Kinderkrankheiten: