Wenn Kinder Angst vor Fremden haben

Ein Mädchen hat Angst vor Fremden
Wie können Eltern ihrem Kind in der Fremdelphase helfen?
Foto: © NiDerLander


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Die Fremdelphase

Montagmorgen beim Bäcker. Die junge Mutter betritt mit ihrer 4-jährigen Tochter das Geschäft, um Brot und zwei Stück Kuchen für den Nachmittagskaffee zu kaufen. Freundlich werden die beiden von der netten Verkäuferin begrüßt, als die kleine Hand der Tochter an Mamas Arm zerrt. Schüchtern versteckt sich die Kleine hinter dieser und lugt allenfalls ganz vorsichtig hervor, um die Lage zu checken. Eine Szene, wie sie sich tagtäglich abspielt.

Ursachen für die Angst vor Fremden

Die Angst vor fremden Personen steckt ganz tief in jedem von uns. Wir Erwachsenen können jedoch in den meisten Fällen differenzieren, ob uns unser Gegenüber wohl gesonnen ist oder ob eine Gefahr von ihm ausgeht. Kinder sind dazu noch nicht in der Lage. Bereits um den ersten Geburtstag herum können die Eltern feststellen, dass ihr Nachwuchs mit starker Zurückneigung und häufig auch mit Angst reagiert, wenn ihm weniger vertraute Personen zu nahe kommen. Diese so genannte Fremdelphase ist sehr wichtig für die Entwicklung des Kindes - lernt es doch so, ein gesundes Misstrauen zu entwickeln, wenn es sich außerhalb des "Schutzraumes Mutter" befindet. Und dieses gesunde Misstrauen ist notwendig für sein weiteres Leben. Je nach Charakter des Kindes hält die Fremdelphase wenige Wochen oder aber auch einige Monate lang an. Danach erweitert das Kind seinen Horizont diesbezüglich wieder und die lieb gemeinten Kontaktaufnahmen von Großeltern, der Freundin oder der Tante werden nicht mehr mit Geschrei und Zurückweisung quittiert. Personen jedoch, welche das Kind nicht regelmäßig sieht, werden weiterhin mit einer mehr oder minder ausgeprägten Form von Skepsis bedacht.

Nun ist es ja in der Tat so, dass wir unseren Kindern beibringen müssen, eine gewisse Vorsicht im Umgang mit fremden Menschen an den Tag zu legen. Immer wieder erschrecken uns Meldungen in Funk und Fernsehen, welche von entführten und misshandelten Kindern berichten. Natürlich wollen wir, dass unser Nachwuchs nicht mit völlig fremden Personen spricht oder gar mit ihnen mitgeht. Keine Frage - unserem Kind das zu vermitteln, sollte auf jeden Fall Teil unseres Erziehungskonzeptes sein. Doch wie begegnen wir unserem ängstlichen Kind, welches sich vor Menschen fürchtet, von denen keine Gefahr ausgeht? Wie sollen wir reagieren, wenn sich unser Nachwuchs vor der Verkäuferin an der Ecke oder der Postbotin ängstigt? Lesen Sie auch: Kinder stark machen gegen Mißbrauch

Was tun, wenn Kinder Angst vor Fremden haben?

Ganz klar: die Gefühle des Kindes sind für das Kind selbst in der jeweiligen Situation Realität. Es empfindet Angst und Furcht, vielleicht aber auch eine gewisse Scheu oder Schüchternheit. Für den Moment ist es gut, diese Gefühle zu akzeptieren. Oft ernten Eltern erstaunte Blicke, wenn der Nachwuchs sich weinend unter Mamas Rockzipfel versteckt oder schnell die Flucht ergreift. Manche Eltern schämen sich dann für ihr Kind, ärgern sich darüber oder denken, sie haben in ihrer Erziehung etwas falsch gemacht.

Doch dem ist nicht so. Die Angst gegenüber Fremden ist eine Phase, welche sich meist mit dem Eintritt in die Grundschule ganz von selber wieder gibt. Auch lässt ein ängstliches Kind noch keine Rückschlüsse zu, ob es später einmal eine schüchterne Persönlichkeit wird oder als Draufgänger durchs Leben geht. Doch zurück zur Situation. Erklären Sie mit wenigen Worten Ihrem Gegenüber, dass Ihr Kind eben noch etwas zurückhaltend ist. Zwingen Sie Ihren Nachwuchs auf keinen Fall unbedingt "mit der netten Tante" zu sprechen oder ihr die Hand zu geben. Das würde die Situation nur noch verschlimmern. Wieder zuhause, in den sicheren vier Wänden, können Sie dann ganz in Ruhe mit ihrem Kind darüber sprechen. Erklären Sie ihm, dass es sich sicher fühlen kann, wenn eine vertraute Person an seiner Seite ist. Dass keine Gefahr von diesen "fremden Leuten" ausgeht, solange Mama oder Papa dabei sind. Und wer weiß, vielleicht ist der nächste Gang zum Bäcker dann schon etwas weniger bedrohlich für das Kind. Ganz wichtig: loben Sie es für jeden noch so kleinen Fortschritt! Heute hat es nicht geweint, als die Nachbarin es ansprach? Prima! So wird es Schritt für Schritt neue, positive Erfahrungen sammeln und immer weniger Scheu haben. Mehr zum Thema Kinder loben

Bei einigen Kindern schlägt die ehemalige Angst vor fremden Personen irgendwann ins Gegenteil um. Munter erzählen sie allen möglichen Leuten von ihren Erlebnissen und dabei ist es ihnen egal, ob es sich um den fremden Mann in der Straßenbahn oder die bekannte Frau im Supermarkt handelt. Jetzt obliegt es ganz klar den Eltern ihrem Kind zu vermitteln, dass nicht jede nett aussehende Person auch wirklich nur gute Absichten hat. Zu diesem Thema hält der Buchhandel einige sehr gute Bücher bereit, die sehr sensibel das Thema Umgang mit Fremden aufgreifen. Sie ersetzen natürlich keinesfalls das vertrauensvolle Gespräch mit dem Nachwuchs und verstehen sich eher als Ergänzung dazu.
Text: K. L. / Stand: 14.05.2022

[Bitte beachten Sie: Unsere Artikel können nicht den Rat eines Arztes ersetzen. Bei gesundheitlichen Problemen wenden Sie sich bitte immer an einen Arzt Ihres Vertrauens!]

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